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Donnerstag, 6. März 2014

Justine privat - Allein mit dem Smartphone


Der dröhnende Bass bebt unter meinen Füßen während im staubigen Flimmerlicht versuche, die Orientierung wieder zu finden. Allerdings gestaltet sich das Ganze doch als recht schwierig, da ich pausenlos über tanzende Hippies stolpere, die meine gestammelte Entschuldigung ohnehin nicht wahrnehmen. Ich schaffe es irgendwie zu der sogenannten Bar, hinter der es nur Cola gibt die weniger als 50 Cent im örtlichen Discaunter kostet. Ich bestelle mir ein Bier, immerhin gibt es Rostocker also muss ich mir den Durst nicht verkneifen. Ich schiebe die unverschämten 2 Euro zu dem langhaarigen Typen hinter der Bar rüber. „Kann ich ein paar Flyer auslegen?“, brülle ich durch den dröhnenden Bass. Elektronische Musik und ich stehen leider die meiste Zeit auf dem Kriegsfuß. Ich habe zwar ab und an Phasen in denen ich etwas Bratze oder Egotronic auflege, doch im Allgemeinen ist mir Handgemachtes einfach lieber.
Der Typ zuckt mit den Schultern. „Mach was du willst aber lesen wird die hier keiner mehr ….“ Mein Mund öffnet sich um zu widersprechen, doch ich finde leider kein passendes Argument. Stattdessen lehne ich mich gegen die „Bar“ und sehe mir die tanzende Menge an. Der Vorrat meiner Flyer hat sich langsam aber sicher aufgebraucht. Ich kann es mir nicht leisten welche zu verschwenden, auch wenn die Exemplare in meinem Beutel bereits die besten Tage hinter sich hatten. Mein verteufeltes Smartphone zeigt mir die Uhrzeit überdeutlich an. In nicht einmal 4 Minuten ist es 4 Uhr. Meine Füße fangen zwar noch immer nicht an zu Schmerzen, dafür langweile ich mich allerdings. Ich weiß schon jetzt nicht mehr warum ich mich auf diesen Abend überhaupt eingelassen habe. Schon gar nicht jetzt, wo ich mir vorgenommen habe meinen Alkoholkonsum wieder etwas einzugrenzen. Immerhin müssen die Partys doch auch ohne Gedächtnislücken ein Erlebnis sein.


Ganz so einfach wie ich mir das gedacht hatte ist es aber nicht. Ich weiß nicht einmal warum ich mich nach einen scheinbar endlosen Abend voller gestellter Gespräche über die sozialen Strukturen des Staates auch noch hatte dazu überreden lassen auf eine solche Party zu gehen. Vielleicht meldet sich langsam meine Torschlusspanik die mir sagt das ich einfach jede Party mit nehmen soll die ich finden kann. Vielleicht war es aber auch die Neugierde, denn neue Menschen wecken immer wieder die Illusion von Interesse in mir. Vielleicht war es aber auch der Wunsch sich wieder mit den realen Menschen auseinander zu setzten. In der letzten Zeit nehme ich verstärkt wahr, wie ich immer mehr  der Sucht nach Kommunikation via Handy angewiesen bin. Egal ob während der Arbeitszeit, an der Kasse oder an der Bar, das kleine Teil begleitet mich 80 Prozent des Tages. Leider gibt es hier nicht einen Menschen der mir ins Auge fällt und meine Interessen auf etwas Reales lenkt. Nicht eine Inspiration. Stattdessen sehe ich wieder auf mein Handy. Ich fluche leise vor mich hin, denn nun scheint sich auch die Zeit gegen mich verschworen zu haben. Es ist noch immer kurz vor 4 Uhr.

Ich nippe an meinem Bier. Meine Begleitung habe ich bereits seit einer Stunde nicht mehr gesehen, also nutze ich die Macht des Handys und schreibe ihr eine SMS damit sie nach dem Rausch keine Angst bekommt, ein Serienkiller würde mich in seinem Keller gefangen halten. Übrigens habe ich für diesen Fall eine App installiert die meinen letzten Standort an meinen Freund sendet. Man mag mir vieles vorwerfen können, doch in meinem bunten Chaos bin ich bestens organisiert. Mit dem vollen Bier bahne ich mir den Weg nach draußen und versuche nicht auf die Menschen zu achten, denen ich etwas von meinem Bier auf der Kleidung verteile. Jeder von ihnen klebt mit seinem Gesicht über einen Handy.
Ich habe es gerade geschafft die frische Luft zu erreichen, als ich gegen eine hübsche Blondine mit beachtlichen Vorbau laufe und ihr mein Bier vor die Füße werfe. Sie fängt an zu lachen, während ich fluchend die von Schaum rutschige Flasche aufhebe. „Scheiße, tut mir leid.“
Sie verzieht die pinken Lippen als würde das Bier an ihren Schuhen sie nicht so sehr ekeln wie ich. „Keine Bange, die Schuhe kosten nur mehr als dein ganzes Leben …“
Bevor ich etwas dazu sage blicke ich noch einmal zu ihren Schuhen. Hohe Hacken in Mintgrün, deren Riemchen sich in die, durch eine Strumpfhose geschützte, Ferse schnüren. Ich kenne diese Schuhe. Sie standen als Sonderangebot in einem der günstigen Schuhläden der Innenstadt. Die Dinger können nicht mehr als 10 Euro gekostet haben, oder die kleine Prinzessin vor mir bekommt Geld damit sie diese Teile in der Öffentlichkeit trägt.

„Herzblatt, wenn du für diese Dinger auch noch Geld bezahlt hast, hast du dir mein Mitleid verdient“, meine ich gut gelaunt und gehe an ihr vorbei. Barbies dickliche Schwester wirft mir eine Beleidigung hinterher, doch das interessiert mich in diesem Moment nicht. Ich nutze abermals die Macht meines Handy und stöpsle die Kopfhörer ein. Nach einem Abend wie diesem habe ich keine Nerven mehr, für die allzu Laute Welt. Ich will nur noch nach Hause, mich hinlegen und das verschissenen Smartphone gegen die Wand werfen, wenn mein Wecker klingelt und ich mich auf den Weg zur Arbeit machen muss. 

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