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Sonntag, 21. Juni 2015

Der alte Geist des Butlers Teil 4

Teil 4: Ich an deiner Stelle...

"Deswegen also haben sie mich für würdig befunden? Weil ich die Einzige der Familie bin, die noch lebt?", meinte ich unglaublich, ruhig für die Situation in der ich mich befand.

1. Ich redete  mit einem Geist.
2 Ich würde wohl nicht verrückt werden, da der Geist mir tatsächlich beweisen konnte, dass er existiert.
3. Der Geist hatte etwas mit meiner Familiengeschichte zu tun!
4. Ich sollte aufhören Listen aufzustellen um offensichtliche  Tatsachen zu nennen.

Ich wandte mich von der Stelle ab, an der ich Ernst vermutete, legte das Telefon zur Seite und starrte aus dem Fenster. Das Büro war im Erdgeschoss und lag an einem Naturschutzgebiet. Ich liebte diesen Ort, weil er mir Ruhe verlieh, denn wenn man den Tieren zusah, da wurden die eigenen Probleme plötzlich unwichtig. Verträumt sah ich einer  Spottdrossel zu wie sie mit ihrem Schnabel den Boden aufwühlte, als wäre sie auf der Suche nach etwas. Egal wer an ihr vorbeikam, Fahrradfahrer, Fußgänger, sie bewegte sich nicht von der Stelle. Eine Junge Frau ging  auch dort vorbei, an einer großen schweren Leine, die sie in beiden Händen hielt, ging ein alter Hund. Er war ein alter Schäferhund und hatte riesige Pranken, gemächlich schritt er dahin und ließ dabei fast melancholisch seinen Kopf sinken. Ich schaute hinauf zum Himmel und sah, dass die Wolken die Form eines galoppierenden Pferdes bildeten, edel und mutig schritt es durch den Himmel. Mit einem Seuftzen drehte ich mich wieder zu Ernst.

Erst jetzt bemerkte ich, dass er meine Frage gar nicht beantwortet hatte. "Ernst?", fragte ich nun stark verunsichert. Ein Seuftzen erklang und Ernst meinte:" Zum einen will ich helfen, weil ich ihrer Familie so viel Unglück gebracht habe und weil mich ihr Großvater darum bat. Zum anderen, geht es ihnen wirklich nicht gut und es könnte ihnen besser gehen, wenn sie sich nur helfen ließen." Ich musste lachen und das nicht weil es irgendwie lustig gewesen war, oder weil ich föhlich war, sondern aus purer Bitternis. "Ach, was sie nicht sagen. Und wie könnte man mir helfen?", fragte ich ihn, mit eben dieser Verbitterung in der Stimme. " Wenn mein Großvater sie gebeten hat auf mich aufzupassen, warum bin ich gar erst in diesen Schlamassel geraten?"  "Es tut mir leid.", meinte  Ernst mit trauriger Stimme, "Ich war nach seinem Tode so aufgelöst und beschähmt, dass ich mein  Versprechen vergaß. Ich irrte karftlos und orientierungslos in den Ruinen des Herrenhauses umher, und dann sah ich sie und erkannte sie im selben Moment. Ich schöpfte Kraft und Hoffnung und wollte nichts anderes als ihnen helfen, damit ich wenigstens dieses Versprechen hielte."  Im selben Moment bereute ich meine Verbitterung. "Es tut mir Leid.", meinte ich reumütig. "Es gibt nichts was ihnen leid tun müsste, meine Liebe.", erwiderte Ernst. "Aber.", so meinte ich traurig, "Ich denke nicht, dass sie mir helfen könnten." Zum ersten Mal hörte ich Ernst Lachen:"Meine Liebe, die lebensverändernde Macht, die sie brauchen, dass ist die Liebe! Sie müssen zu diesem Herrn Kaiser hingehen und ihm ihre Gefühle gestehen!"

"Das...das kann ich nicht. Ich darf meinem Job nicht verlieren und außerdem, finde ich doch niemals die richtigen Worte. Nein. Das werde ich niemals machen.", meinte ich und rang nach Worten. "Gut.", antwortete Ernst, " Dann muss ich das wohl an ihrer statt erledigen."

Plötzlich spührte ich die Kühle seines Geistes. Ich begann seine Gedanken zu hören, seine Erinnerungen vor meinem geistigen Auge zu sehen, begann seine ganze Existenz zu fühlen und ich begann ihn endlich zu verstehen.

Im gleichen Augenblick begann ich die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren. Ich spührte wie nach und nach Ernst erst meine Finger, Arme, Beine und schließlich meinen ganzen Körper kontrollierte. Durch ihn bewegte sich meine Hand nun zum Telefon und drückte die Wahlwiederholungstaste. Er hielt den Hörer ans Ohr: Büro von Roland Neuhoff, Guten Tag?", ertönte die Stimme am anderen Ende der Leitung. "Guten Tag. Frau Meißner , mein Name.", sagte Ernst mit meiner Stimme, viel lauter und höflicher, "Ich hatte angerufen um den Termin mit Herr Kaiser zu verschieben. Ich bin untröstlich, da ich ihn abermals verschieben muss. Herr Kaiser hat tragischerweise einen familiären Notfall"

Verzweifelt versuchte ich wieder die Kontrolle über meinen Körper zu erlangen. Was machte er da bloß? "Das werden sie schon sehen, meine Liebe.", sagte er mit meiner Stimme. Da stand er auf und ging, oder besser gesagt ich ging, auf  den Spiegel zu. Er ließ ließ mich mein Make-up auffrischen und Lippenstift auflegen. Außerdem glättete er die Falten,in meinem Rock und in meinem Balzer, die ich stets zur Arbeit trug. So ging ich zu Herr Kaisers Büro, klopfte und trat ein.

"Alles in Ordnung?", fragte Herr Kaiser mich. "Nein.", ließ Ernst mich antworten, " Ich habe nochmals den Termin mit Hernn Neuhoff verschoben, da ich etwas mit ihnen zu bereden habe." Unruhig rutschte Herr Kaiser auf seinem Sitz hin und her: "Und was ist das?", meinte er.

"Ich weiß nicht ob es ihnen bekannt ist, aber seit dem ich sie zu ersten Mal sah, war ich bereits vollends und ewiglich, die ihre. Allein sie sind der Mann meiner Träume und ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als mit ihnen mein Leben zu verbringen, von jetzt an bis in alle Ewigkeit."

Herr Kaiser starrte mich an. Ich dachte schon ihm würden bald die Augen herausfallen, so weit waren sie aus ihren Höhlen getreten. Aber er sagte nichts, er starrte mich nur an. Nach einer Weile öffnete er den Mund, schloss ihn doch sogleich wieder. Dann, nach einer halben Ewigkeit, atmete er tief durch. "Frau Meißner.", meinte er  bestimmt. "Oh Gott.", dachte ich.

Im selben Moment verließ Ernst meinen Körper, und dennoch traute ich mich nicht auch nur einen Mucks von mir zu geben.



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